Wer über bezahlbaren Strom am runden Tisch spricht, darf zu den Alternativen nicht schweigen

Robin: die Kosten für das Politikversagen zahlen VerbraucherInnen und Betriebe

Entweder man hat hierzulande überhaupt nicht verstanden, in welche Falle man sich durch die Liberalisierung des Strom-Marktes gebracht hat, oder man hat dies sehr wohl verstanden, freut sich über den Selbstbedienungsladen und zeigt mit dem Finger auf andere, weit weg. Auf Seiten der Anhänger freier Märkte und der neoliberalen Schule herrscht ebenfalls nur ein sehr begrenztes Interesse, das Übel an der Wurzel zu packen. Nicht in Brüssel oder Rom und auch nicht in Bozen. Warum werden mit Energie Milliarden verdient? Warum werden Strom und Gas an Börsen gehandelt? Warum landet ein großer Teil unserer Strom- und Gasrechnungrechnungen in den Kassen renditeorientierter Unternehmen? Energie ist die Blutbahn der Wirtschaft und der Haushalte und sollte der Spekulation, da zur Grundversorgung zählend, entzogen sein. Die oben gestellten Fragen will man in der Öffentlichkeit wie zum Beispiel in der Rai-Sendung „Am runden Tisch“ (http://raibz.rai.it/de/index.php in der Mediathek) lieber nicht stellen und die bestehenden marktkonformen Strukturen, kurzfristig, über Instrumente wie öffentliche Maßnahmen, sprich Geld der Steuerzahler retten. Statt die Spekulation mit einem Gemeingut zu bekämpfen, werden weitere Geldquellen gesucht diese noch zu fördern. Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert. Man kennt das ja.

Inzwischen kämpfen VerbraucherInnen und Betriebe mit existenzbedrohlichen Herausforderungen und nicht wie man mit einer „Spontanumfrage“ glauben lassen will mit „einigen Sorgen“. Das Beispiel der 82-Jährigen die im Supermarkt stehlen muss, um über die Runden zu kommen, ist erst der Anfang. Leider werden es viel mehr werden, daher ist ein Umdenken notwendig.

Die Energieautonomie mittels einer eigenen Regulierungsbehörde ist sicherlich erstrebenswert, führt aber nicht automatisch zu günstigeren Preisen. Vor allem nicht mit den derzeitigen Beteiligten. Günstigere Strompreise sind heute ohne jegliche Gesetzesänderung schon möglich. Auch in Südtirol sind dutzende VerbraucherInnen (und Betriebe) die Strom zu 7,7 Cent/kWh Energiekosten (gegenüber den aktuellen 53,4 Cent/kWh im Grundversorgungsdienst, Gesamtkosten 66 Cent/kWh) von einer wirklich „nachhaltigen“ Stromgenossenschaft beziehen, die keineswegs eine sogenannte „historische Genossenschaft“ ist, sondern eine ziemlich neue mit wenigen Jahren. Und ihren Sitz nicht in Südtirol hat.

Doch im Hauptabendprogramm der Rai behauptet eine ganze Runde von gutbezahlten Politikern, Experten und Journalisten es braucht eine Loskoppelung vom Gasspreis und vom nationalen Stromsystem um an günstigeren Strom zu kommen.

Dazu meint der Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, Walther Andreaus: „Das wirkliche Problem beim Südtiroler Strom besteht darin, dass sich eine ganze Garde an „Blutsaugern“ am System laben. Das Gemeingut Wasser wird direkt oder indirekt für private Zwecke genutzt. Das müßte nicht sein. Man könnte heute schon, auch letzten Frühjahr als die Preise stark angezogen haben, mit den Mitteln die die Südtiroler Politik zur Verfügung hat, eine Genossenschaft gründen und mit entsprechenden Anpassungen an die derzeitigen Regeln günstigen Strom an die Mitglieder verteilen. Es fehlt einzig und allein der politische Wille, warum auch immer. Inzwischen versucht man den edlen „Blutspender“ Südtiroler Stromsystem über die Runden zu retten. Denn für viele Verantwortliche halten sich die Belastungen in Grenzen, die Kosten für das Politikversagen zahlen VerbraucherInnen und Betriebe durch soziale Härten, unbezahlbare Rechnungen, Zerrüttung der finanziellen Haushalte, Produktionsausfällen, Schließungen. Und die SteuerzahlerInnen, jetzt und in Zukunft.“

Thomas A. Edison, Erfinder der Glühbirne, prophezeite im Jahr 1880, dass „Elektrizität bald so billig sein wird, dass sich nur noch die Reichen Kerzen leisten werden können“. Für das Südtiroler Stromsystem ist die Prophezeihung nicht eingetroffen. Hier ist das Gemeingut Strom zu einem Luxusgut verkommen (in Innsbruck 20,7 Cent/kWh).

Anmerkung:

Aufgrund von zahlreichen Anfragen wird mitgeteilt, dass die angesprochene Genossenschaft Energia Positiva heißt: Infos unter www.energia-positiva.it.

Der Tarif "Tariffa produttore" wird auch auf dem Strompreisrechner der Regulierungsbehörde "Arera" angeführt: https://arera.it/it/portaleofferte.htm

05. Okt. 2022