Stecker-Solargeräte: 10%ige Stromautonomie vom Balkon direkt in die Steckdose

VerbraucherInnen und Umwelt können von neuen Regeln profitieren

Frei, selbstverwaltet und erneuerbar! Viele WohnungseigentümerInnen, MieterInnen und Betriebe decken ihren täglichen Strombedarf zu exorbitant hohen Strompreisen von über 40 Cent pro kWh. Sie sind sich oft nicht des solaren Potentials bewusst, welches sie zum Nachteil von Umwelt und Brieftasche mittlerweile vergeuden. Wer nicht eine eigene Photovoltaikanlage hat, deren Installation und Wartung von einem Fachbetrieb durchgeführt werden muss, kann mittlerweile unkompliziert und im Durchschnitt 10% des Strombedarfs eines Jahres mit einer Stecker-Solaranlage am Balkon abdecken. Diese sind auch für die Eigeninstallation gedacht und daher, wenn auch kleiner, doch sehr flexibel. Mit einem Plug&Play-Gerät von bis zu 350 Watt sollten Sie möglichst viel Solarstrom selbst nutzen und eine Netzeinspeisung vermeiden, die ja nicht entgolten wird.

Worauf ist zu achten?

  • Auch auf dem Balkon oder der Terrasse können Sie, bei entsprechender Sonneneinstrahlung, selbst Solarstrom erzeugen und im Haushalt verbrauchen. Der Installationsort ist sehr wichtig.

  • Stecker-Solargeräte produzieren Strom für den Eigenbedarf, sind aber nicht für die Netzeinspeisung gedacht.

  • Die Balkon-Modulsysteme sind sicher und lohnen sich langfristig betrachtet auch finanziell.

  • Die Anforderungen sind im Vergleich zu herkömmlichen Photovoltaikanlagen unkompliziert.

  • Wer einen neuen elektronischen Stromzähler (Smart-Meter) hat, der/die hat kein Problem. Wer nicht sollte mit dem Stromverteiler reden.

Vorteile für Brieftasche und Umwelt

In einem Jahr kann man bei einer durchschnittlichen Sonneneinstrahlung mit einer Produktion von 300 kWh rechnen, die sich in einer niedrigeren Stromrechnung niederschlagen, wenn man möglichst die gesamte Produktion davon selbst verbraucht hat. Die Mini-Solarsysteme produzieren in der Regel genug Strom, um an sonnigen Tagen einen wesentlichen Teil der Grundlast zu decken. Bei einem derzeitigen Strompreis von 41,34 Cent/kWh im geschützten Strommarkt (in dem sich die meisten Stromabnehmer befinden) sind das, optimalerweise in Summe über 124 Euro pro Jahr. Die Kosten eines Steckersolargeräts belaufen sich ab 325 Euro aufwärts (z.B. enelxstore.com mit Skonto auf der Rechnung 50%, eet-solare.it, microfotovoltaico.it, beemenergy.it, ipersolar.com, mrwatt.eu). Damit beträgt die Ammortisierungszeit weniger als 3 Jahre, wobei die Geräte auch 20 Jahre halten können. Also eine gute Investition, die sich fast alle, die einen guten Standort haben, leisten können.

Der eingesparte Strom muss nicht aus dem Stromnetz mit dem Strommix bezogen werden, der über der Hälfte aus fossiler Energieverstromung besteht. Fossile Energie wird damit mit erneuerbarer ersetzt. Hier können die Haushalte Schritte in die energetische Unabhängigkeit und den Einstieg in die Energiewende konkret erleben und ausprobieren.

Steuervorteile

Dank des im Haushaltsgesetz vorgesehenen „Bonus Casa“ können Privatkunden 50 % der Ausgaben für die Gebäudesanierung und 65 % bzw. 50 % der Ausgaben für die energetische Sanierung absetzen. Auf diese Weise ist es möglich, von der Einkommensteuer über 10 Jahre hinweg die entstandenen Kosten in gleichen Raten zurückzufordern. Alternativ können Sie auch den Rabatt auf der Rechnung oder die Abtretung des Steuerguthabens in Anspruch nehmen (z.B. an Dritte wie eine Bank), wodurch Sie sofort von der Steuervergünstigung profitieren können. Beides sind vorteilhafte Lösungen. Es ist eine entsprechende Mitteilung an die Steuerbehörde erforderlich (diese wird meistens vom Unternehmen oder der Bank übernommen) und die Zahlung muss „nachvollziehbar“ erfolgen. Als nachgezogenes System kommen Steckersolargeräte auch für den Anreiz des 110%igen Superbonus in Frage.

Was ist ein Stecker-Solargerät und wie funktioniert es?

Sie haben einen Balkon oder eine Terrasse? Dann können Sie dort eigenen Solarstrom gewinnen und aktiver Teil der Energiewende werden: Mit einem Stecker-Solargerät. Diese kleinen Photovoltaiksysteme werden oft auch Mini-Solaranlagen, Plug & Play-Solaranlage oder Balkonmodule genannt, weil sie sich beispielsweise an die Balkonbrüstung montieren lassen oder bei Problemen auch aufgeständert am Balkon. Um eine "Anlage" im technischen Sinn handelt es sich dabei aber nicht, sondern eher um ein Strom erzeugendes Haushaltsgerät.

Minisolaranlagen weisen folgende strukturellen Merkmale auf, die sie von allen anderen photovoltaischen Systemen völlig unterscheiden. Zum Beispiel:Der Kauf, die Installation und die Nutzung des Systems sind nicht genehmigungs- und/oder antragspflichtig. Der Netzbetreiber wird durch ein Formular informiert, dass eine Steckeranlage in der Wohnung oder im Betrieb vorhanden ist. Aus diesem Grund können sie nicht nur für Wohnungen, sondern auch für Büros, Geschäfte, Betriebe usw. verwendet werden. Im Kondominium und Mieter müssen entsprechende Genehmigungen eingeholt werden.

Der Austausch mit dem Stromnetz erfolgt über eine gemeinsame 220-Volt-Einphasensteckdose.

Jedes Mikrophotovoltaikmodul produziert, je nach Sonneneinstrahlung und Jahreszeit, etwa 250 / 350, bei Ideallagen sind Spitzen bis 400 kWh pro Jahr möglich.

Die Größe ist sehr gering: Sie umfasst eine Platte mit einem Gewicht von etwa 25 Kilogramm und einer Fläche von 1,50 Quadratmetern.

Was kann ein Stecker-Solargerät?

Das Solarmodul erzeugt aus Sonnenlicht elektrischen Strom, den ein Wechselrichter in "Haushaltsstrom" umwandelt. Dieser wird direkt mit einem in der Wohnung vorhandenen Stromkreis verbunden. Im einfachsten Fall stecken Sie dazu einen Stecker in eine vorhandene Steckdose. Diese muss den diesbezüglichen Vorschriften entsprechen.

Der Strom aus dem Stecker-Solargerät fließt beispielsweise in die Steckdose am Balkon und von dort zu Fernseher, Kühlschrank und Waschmaschine und anderen Geräten, die an anderen Steckdosen in der Wohnung eingestöpselt sind. Dann zählt der Stromzähler langsamer, es wird weniger Strom aus dem Stromnetz bezogen. Reicht der Strom vom Balkon nicht für den Betrieb der Haushaltsgeräte aus, fließt einfach Strom vom Versorger aus dem Netz dazu.

Stecker-Solargeräte bestehen meist aus einem Standard-Solarmodul und einem Wechselrichter. Je nach Ausstattung kommen noch weitere Bauteile hinzu. Eine Leistungsmessung ist sinnvoll.

Die Anschlussregeln

Bereits im August 2020 hat die Regulierungsbehörde für Energie, Netze und Umwelt (ARERA) mit dem Beschluss 315/2020/R/eel den „Testo Integrato Connessioni Attive (TICA)“ geändert und neue, vereinfachte Anschlussverfahren für Stromerzeugungsanlagen von weniger als 800 Watt eingeführt.

Zu den neuen Technologien gehören auch die so genannten "Plug & Play"-Systeme, d. h. Systeme mit einer Nennwirkleistung von höchstens 350 W, die nicht installiert werden müssen und von den Verbrauchern direkt an eine entsprechende Steckdose angeschlossen werden können.

Nach den neuen Vorschriften der ARERA muss für Anlagen unter 800 Watt nicht mehr das normale Anschlussverfahren durchgeführt werden, sondern es genügt, dem Verteiler die Einheitliche Mitteilung (ein von der Behörde selbst erstelltes Formular) zuzusenden, ohne eine Gebühr zu zahlen. Bei einer über den Eigenverbrauch hinausgehenden Erzeugung kann der Antragsteller Strom in das Netz einspeisen, und zwar bis zu einer Höchstgrenze von 800 W und unter Verzicht auf eine Vergütung für die eingespeiste Energie.

Ist ein Stecker-Solargerät für meine Wohnung geeignet?

Grundsätzlich ist ein Stecker-Solargerät geeignet für Wohnungen mit einem Balkon oder einer Terrasse oder einer Dachfläche über der Wohnung bzw. vor dem Fenster, ein Garagendach oder einer zur Sonne ausgerichteten Außenwandfläche.

Ein Stecker-Solargerät ist deutlich günstiger als eine Photovoltaikanlage und daher auch für Geringverdienende finanzierbar.

Für Miet- und Eigentumswohnungen gilt: Wenn Sie das Solarmodul an der Balkonbrüstung oder der Hauswand anbringen wollen, müssen Vermieter oder Kondominum in der Regel zustimmen.

Wo darf in Südtirol ohne Genehmigung eine „Plug & Play“ Photovoltaikanlage installiert werden?

Das Landesgesetz Nr. 9/2018  und DLH Nr. 13/2020, Art. 4 sehen vor, dass die Installation einer „Plug & Play“-Photovoltaikanlage Teil der freien Bautätigkeit ist, die in den unten genannten Fällen nicht der vorherigen Erteilung einer Baugenehmigung oder eines anderen qualifizierenden Titels bedarf.

Keine Genehmigungen für die Installation sind notwendig:

  • im Wohngebiet bei einer Montage anliegend am Gebäude
  • an Fassaden und Balkonen, sofern nicht im landwirtschaftlichen Grün, nicht in denkmalgeschützten Zonen (Ensembleschutz) und nicht im historischen Kern
  • im landwirtschaftlichen Grün auf dem Dach (Satteldach) bzw. auf Flachdächern, aber nicht einsehbar aus dem öffentlichen Raum (Aufständerung möglich max. 1,2m, im Landwirtschaftsgebiet auch mehr, falls vom Straßenbereich nicht sichtbar)

In allen anderen Fällen ist eine entsprechende Genehmigung erforderlich oder eine Installation prinzipiell nicht möglich.

Eine einfache Überprüfung der Zonen ist möglich unter: https://newplan.civis.bz.it/

Sind Stecker-Solargeräte sicher?

Die Geräte sind grundsätzlich sehr sicher. Bisher ist kein einziger Fall von Sachschäden oder verletzten Personen bekannt geworden. Das liegt daran, dass die verwendete Technik ausgereift ist und die gleichen Komponenten in professionell installierten Photovoltaikanlagen eingesetzt werden. Es dürfen nur normgemäß hergestellte und geprüfte Bauteile verwendet werden.

Vor allem sollten Sie an eine Steckdose bzw. an einen Stromkreis immer nur ein einziges Stecker-Solargerät (einen Wechselrichter) anschließen. Gefährlich wäre die Kopplung mehrerer Geräte über eine Mehrfachsteckdose.

Außerdem sollten Sie die Hinweise zum Anschluss und zur Benutzung beachten, die Herstellerfirmen mit dem Gerät liefern. Von ihnen sollten Sie auch erfahren, wie Sie das Solarmodul und den Wechselrichter am vorgesehenen Montageort sicher befestigen. Dies auch im Hinblick auf extreme Wetterereignisse. Um alle Zweifel auszuräumen, wäre es ideal, wenn ein Gutachten die Kombination der drei Elemente Balkon-Geländer-Photovoltaik bescheinigen würde. Doch niemand ist dazu verpflichtet. Es gibt jedoch eine Möglichkeit, die man in Erwägung ziehen sollte, um die Platte und den Inverter auf dem Balkon mit einem ausreichenden Maß an Sicherheit zu installieren: eine Infrastruktur, die auf Stützen mit variabler Neigung ruht, die bündig mit dem Geländer versenkbar sind, um die Belastungen drastisch zu reduzieren. Wenn wir die neuen technischen Normen für den Bau berücksichtigen (Ministerialerlass vom 14. Januar 2008), beträgt der Wert der Arbeitslasten für Balkone 2 Kn/m. Bezogen auf den Schubwiderstand bedeutet dies 200 kg pro laufenden Meter. Dies ist jedoch nur einer der Parameter: Das vorzustellende Szenario ist komplexer und würde die Durchführung von Feldversuchen erfordern.

Tipp und Einschätzung

Wenn Sie möglichst viel Solarstrom selbst nutzen und eine Netzeinspeisung vermeiden möchten, ist ein Standard-Solarmodul mit 300-350 Watt angesagt. Prinzipiell könnten auch Stecker-PV-Systeme mit höherer Leistung aufgebaut werden. Spätestens dann ist aber eine Elektrofachkraft notwendig, die alle technischen Voraussetzungen des Stromanschlusses prüft und das Gerät beim Netzbetreiber anmeldet. Dabei handelt es sich bereits um eine Photovoltaikanlage. Der bei einer Photovoltaikanlage höhere Installationsaufwand lohnt sich finanziell aber meist erst bei deutlich größeren Anlagenleistungen von mehr als 3 Kilowatt.

Der Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, Walther Andreaus, betont: „Leider ist die Landesstromgesellschaft Alperia beim Thema Steckersolargeräte abwesend. Sie sollte die Südtiroler StromabnehmerInnen informieren, tut es aber nicht! Dabei können sich die Stromkunden, mit so einem Gerät den im letzten Moment von der Landesregierung zurückgezogenen Südtiroler Strombonus doch noch zukommen lassen. Damit wird vielleicht verständlich, warum die Informationen so spärlich fließen.

Bauingenieur Roman Bodner sieht Steckersolargeräte als sinnvolle Anschaffung für jene, die sich keine Photovoltaikanlage leisten können. Er unterstreicht: „Durch eine dauerhafte, auch nur teilweise Verschattung oder Verschmutzung der Module kann es zu Ertragsminderungen kommen, die sich deutlich stärker auswirken als bei einer Photovoltaikanlage. Daher sollten Sie Ihr Modul regelmäßig überprüfen und von Schmutz befreien.“

 

Weitere Infos:

robinreport.it, Pv-magazine, Pvplug.de, Machdeinenstrom.de, microfotovoltaico, mrwatt.eu

28. Juni 2022